Kalibrierung und Messinstrumente
„In der Kunst der Farbe sind nicht nur exakte Tonstufen, sondern oft unmerkbare Übergänge, dem Glissando in der Musik vergleichbar, wichtige Träger eines bestimmten Ausdruckes.“ Johannes Itten19
Auch wenn das menschliche Auge Farbinformationen schlechter verarbeiten kann als die Informationen über Hell und Dunkel, so ist doch die Farbe mehr als nur Licht. Sie ist Harmonie, Ausgewogenheit, Kunst - und nicht zuletzt liegt ihre Kraft im Detail, das ausschließlich durch die Farbe selbst erkannt werden kann. Wie helfen uns nun die Physik und moderne Technologien, diese Sinneseindrücke in ein vielfältiges und doch einheitliches Erlebnis zu verwandeln?
Unbunt- oder Weißabgleich
Denn ein weißes Blatt Papier ist nur für das menschliche Auge immer weiß – egal wie und womit es beleuchtet wird. Diese sogenannte chromatische Adaption muss in technischen Geräten quasi simuliert werden. Das Ziel des Unbunt- oder Weißabgleichs ist es, die unterschiedlichen Farbtemperaturen in wechselnden Beleuchtungssituationen anzupassen und somit eine Farbneutralität herzustellen, die der natürlichen Beleuchtung durch das Sonnenlicht nahe kommt. Deshalb wird dieses Verfahren synonym auch als Neutralabgleich bezeichnet. Beim automatischen Weißabgleich in digitalen Foto- und Videokameras wird also eine Einstellung ermittelt, die sich auf die „weißeste“ Bildfläche bezieht (AWB: Automatic White Balance). Dabei wird sich an Bildbereichen orientiert, die gleiche Rot-, Grün- und Blauanteile besitzen, denen dann ein neutrales Grau zugewiesen wird.
Allerdings hat dieses Verfahren in den meisten Fällen einen Schwachpunkt, wenn nämlich das Bildmotiv in einem Mischlicht aufgenommen werden soll. Das menschliche Auge hätte kein Problem, ein Objekt zu erkennen, das sowohl von Kunstlicht als auch beispielsweise von einem rötlichen Sonnenlicht am Abend angestrahlt wird. Bei solchen Mischlichtsituationen haben hingegen die meisten Aufnahme- und Wiedergabegeräte ihre Sorgen, da sie sich lediglich an die Farbtemperatur einer Beleuchtungsquelle orientieren können. Kameras haben hier zusätzliche Einstellparameter (z.B. Tageslicht, Kunstlicht, Bewölkt, Innen, Blitz). Im Menü vieler TV-Geräte ist ebenfalls die Option des Weißabgleichs gegeben (vgl. Abbildung). Allerdings sollte diese mit Vorsicht betrachtet werden, wie in Kapitel „Professionelle Bildeinstellung“ noch ausführlich erläutert wird.
Abbildung 87: Weißabgleich über TV-Menü (Samsung)
Wie bereits erwähnt, sind selbst ultrahochauflösende Bilder nur so gut, wie das Gerät, das sie wiedergibt. Deshalb sollte auch an jedem Monitor oder aber Fernseher ein Weiß- beziehungsweise Unbuntabgleich durchgeführt werden. Hierzu gibt es neben den manuellen Einstellungen am Gerät auch verschiedene professionelle Methoden, die im Rahmen der Kalibrierung möglich sind. Diese werden in den nächsten Kapiteln eingehend erläutert.
Eine ausgezeichnete und vor allem kostengünstige Variante kann mithilfe eines weißen Motivs durchgeführt werden, das bestenfalls über die gesamte Bildschirmfläche reicht. Dazu kann über den Browser eines internetfähigen Fernsehers gegebenenfalls ein Testbild herunterladen oder beispielsweise auf einen Nachrichtenkanal mit einem Ticker im unteren Bildrand zurückgegriffen werden.
Alles in allem sollte eine neutrale weiße Darstellung über die komplette horizontale Fläche des Displays gefunden werden. Das Weiß der in der folgenden Abbildung gezeigten Fläche entspricht dem Normlichtart D65, welches der Farbtemperatur eines leicht bewölkten Tageslichthimmels nachempfunden wurde. Als Referenzobjekt nimmt man sich nun ein weißes Blatt Papier und hält es neben das Testbild. Auf diese Weise kann man das neutrale 100-prozentige Weiß des Papiers mit dem Weiß des Displays vergleichen und somit die Farbneutralität überprüfen.
Abbildung 88: Beispiel für Weißabgleich mit BUROSCH-Testbild
Wave-Form-Monitor (WFM)
„Farbe hilft Licht auszudrücken, ich meine nicht das physikalische Phänomen, sondern das Licht, das nur im Kopf des Künstlers existiert.“ Pablo Picasso
Allerdings ist die Wahrnehmung von Bunt und Unbunt von der individuellen Funktionsweise des Auges und den subjektiven Eindrücken des Einzelnen abhängig. Deshalb ist es notwendig, aus der physiologischen eine physikalische Größe zu bilden. Aber wie kann nun in der professionellen Videotechnik Farbe gemessen werden?
Eine Möglichkeit bietet ein spezielles Oszilloskop, das die elektrische Spannung der Videosignale darstellt und misst. Mithilfe des sogenannten Wave-Form-Monitors (WFM) kann insofern die Qualität des Videosignals nicht nur mit dem bloßen Auge, sondern exakt physikalisch beurteilt werden. Gegenüber einem Standard-Oszilloskop ist der WFM in der Lage, die Videozeilen eines Bildes sowohl horizontal als auch vertikal darzustellen. Um den Pegel des analogen Videosignals in seiner Gesamtheit beurteilen zu können, werden in der Horizontal-Darstellung alle Bildzeilen übereinander angezeigt. Die vertikalen Zeilen eines Halbbildes hingegen werden nebeneinander dargestellt. Hier überlagern sich die beiden Halbbilder, sodass etwaige Signalfehler besser erkannt werden können, die im Zusammenhang mit der Bildwechselfrequenz stehen.
Aber auch Audiosignale können gemessen werden. Hierzu zählen beispielsweise Brummstörungen bei analogen Signalen. Modernere Modelle eines Wave-Form-Monitors sind ebenfalls in der Lage, digitale Videosignale zu bewerten. Insbesondere Fernsehanstalten arbeiten mit solchen Geräten aber natürlich auch Testlabore für vergleichende Warentest und im Auftrag der Industrie (vgl. Abbildung).
Abbildung 89: Wave-Form-Monitore und weitere Testgeräte im Test-Labor der Firma BUROSCH
Grundsätzlich werden mit einem Wave-Form-Monitor sowohl bei Videoproduktionen als auch bei deren Übertragung und Wiedergabe die Toleranzgrenzen der Farbsingale (Chrominanz) und des Helligkeitssignals (Luminanz) gemessen und überwacht. Beim analogen Fernsehen bietet es darüber hinaus Hilfestellung bei der Fehlersuche – wie etwa bei Problemen mit speziellen Schaltsignalen in der Austastlücke.
Abbildung 90: Herausforderung in der Bilddarstellung bei Hauttönen (n-tv Nachrichtensendung)
Besonders hilfreich sind Wave-Form-Monitore bei der richtigen Einstellung in Bezug auf Hauttöne. Der Helligkeitswert bei hellhäutigen Menschen beträgt beispielsweise 63 Prozent. Nun ist es allerdings für die Bildtechnik sehr schwer, gerade bei Nachrichtenproduktionen insbesondere für das Gesicht des Moderators den exakten Pegel zu finden. Dabei spielt die richtige Aussteuerung des Farbsignals beziehungsweise der Ausblendung außerhalb eines festgelegten Toleranzbereiches eine wesentliche Rolle. Wave-Form-Monitore sind insofern unerlässlich bei der Darstellung solcher Gesichtsbereiche im gefilterten Signal.
Allerdings sind Wave-Form-Monitore nur bedingt zur Überprüfung des Chrominanz-Signals geeignet. Hingegen ist der Phasenwinkel, der den exakten Farbton definiert, im hochfrequenten Farbträgersignal weitaus besser und eindeutiger mit einem Vektorskop zu bestimmen.
Vektorskop
Das Vektorskop ist ebenfalls eine Spezialform des Oszilloskops, das für die Überprüfung der Chrominanz-Signale eingesetzt wird. In der analogen Fernsehtechnik werden Bildsignale durch Vektormodulation übertragen, die mit einem herkömmlichen Oszilloskop nicht mehr eindeutig erkannt werden können. Wie der Name schon sagt, gelingt mit einem Vektorskop die spezialisierte Darstellung der Farbvektoren. Damit ist dieses Gerät unabdingbar für den professionellen Farbabgleich. Auf dem Vektorschirm (links in Abbildung 91) werden alle Farben repräsentiert, im Mittelpunkt liegt der sogenannte Unbunt-Punkt, an dem sich alle Farben überlagern. Rechts unten in Abbildung 91 sieht man die unterschiedlichen Werte für das Luminanz-Signal und die beiden Chrominanz-Signale.
Die Überprüfung des einzelnen Chrominanz-Signals erfolgt mithilfe eines Farbbalkens (rechts oben in Abbildung 91). Auf der kreisrunden Skala des Vektorskops sind hierzu Punkte und Toleranzfelder für die sechs Farbwerte des Testsignals angeordnet (links). Während der Abtastung einer Zeile werden diese Farben permanent durchlaufen. Bei optimaler Einstellung des Bildschirmes liegen diese sechs Punkte innerhalb der Toleranzfelder (R, Mg, B, Cy, G, YI). Diese umfassen jeweils einen Toleranzbereich für die Chrominanz-Amplitude (5 Prozent) und die Phase (3 Prozent), wobei eine Amplitudenabweichung einem Sättigungsfehler entspricht und eine Winkelabweichung einem Phasenfehler (Farbtonfehler).
Abbildung 91: Vektorskop-Anzeige für Farbbalkensignal
Für jeden einzelnen Bildpunkt können Helligkeits- und Farbinformationen in Form von Helligkeits-Farbigkeits-Farbmodellen (z.B. YUV-Farbmodell) im Koordinatensystem dargestellt werden. Jede Farbe entspricht somit einer Kombination zweier Werte aus X-Achse und Y-Achse. Die Wertepaare U/V, Cr/Cb und R-Y/B-Y werden als Farbdifferenz-Signale bezeichnet, die in vertikaler Richtung (R-Y = Rot minus Helligkeit) und in horizontaler Richtung (B-Y = Blau minus Helligkeit) ermittelt werden.
Da sich im Mittelpunkt der dargestellten Kreisfläche auf dem Bildschirm (Abbildung 91) alle Farben überlagern, ergeben sich hier die unbunten Töne (Schwarz-/Weiß-Grauwerte). Im Umkehrschluss steigt die Farbsättigung, je weiter außen sich die abgebildeten Farbörter befinden.
Wie generell bei den Oszilloskopen unterscheidet man die Vektorskope nach ihrer analogen beziehungsweise digitalen Funktionsweise. In älteren (analogen) Geräten werden die Farbvektoren mithilfe einer Kathodenstrahlröhre dargestellt. Allerdings sind diese von ihren digitalen Nachfolgern größtenteils vom Markt verdrängt worden, in denen die Vektordarstellung über eine Software berechnet wird.
Auch im Rahmen des Kopierschutzes werden Vektorskope genutzt, da die Manipulation zumeist im Bereich der Farbvektoren zu finden ist. In der Tontechnik nennt man die eingesetzten Vektorskope im Allgemeinen Goniometer (Stereosichtgerät). Für die Untersuchung digitaler Modulationsverfahren beispielsweise im Digitalfernsehen werden die verwendeten Vektorskope zumeist als Vektor-Analyzer bezeichnet.
Testbilder
Obwohl Fernsehgeräte immer preiswerter werden, kosten sie dennoch ein kleines Vermögen – vor allem jene, die entsprechende Qualität versprechen. Allerdings bieten die Werkseinstellungen in der Regel noch längst nicht die optimale Leistung. Nicht selten schmälern schrille Farbe, falsche Kontraste oder gar unscharfe Details den umfassenden Filmgenuss.
Abbildung 92: Abbildung 80: Was sind Testbilder?
Die meisten Menschen nehmen sich irgendwann die Fernbedienung und passen das Bild ihrem individuellen Geschmack an oder wählen die anwenderfreundlichen Voreinstellungen (z.B. Kino, dynamisch oder Sport). Dabei sind die Wahrnehmungen der Farbe, Schärfe und des Kontrastes allerdings rein subjektiver Natur und entsprechen noch längst nicht dem berühmten Ende der Fahnenstange.
Testbilder stellen hingegen die visuelle Basis zur Bildkontrolle und Bildoptimierung dar. Ist die Darstellung eines Testbildes schlecht, wird auch die Bildwiedergabe mangelhaft sein. Oder eben umgekehrt! Man kann also auf seine Augen vertrauen oder aber der objektiven Referenz in Form von Testbildern, die für eine optimale Bildeinstellung am TV oder Beamer unerlässlich sind.
Dabei können folgende Parameter angepasst werden:
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Bildanpassung: Bildformat/Overscan für unverzerrte Bilddarstellung,
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Helligkeit: korrekte Differenzierung auch in dunklen Nachtszenen,
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Kontrast: perfekte Wiedergabe von hellstem Weiß,
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Farbe: natürliche Farbwiedergabe (z.B. bei Hauttönen),
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Schärfe: selbst kleinste Details und exakte Konturen.
Abbildung 93: AVEC-Referenz-Testsequenz: Bild- und Tonoptimierung für TV & Beamer
Wer über einen internetfähigen Fernseher verfügt, kann seinem Lieblingsstück eine semiprofessionelle Einstellung verpassen. Hierzu kann man sich über den Webbrowser direkt ein solches Testbild entsprechend der Bildauflösung des Fernsehgerätes (z.B. Full HD oder Ultra HD) downloaden.
Selbst ein Laie kann der schlichten Anleitung folgen und somit schon erste gravierende Unterschiede zwischen den Bildeinstellungen ab Werk – oder schlimmer noch bei einem gekauften Vorführmodell – und dem optimal eingestellten Bild auf seinem TV-Gerät erkennen. Vom sogenannten „First Check“ bis hin zu professioneller Kalibrierung bieten die Firma BUROSCH als Marktführer spezielle Möglichkeiten für jedermann, um tatsächlich das Beste aus dem elektronischen Familienmitglied, Entertainer, Seelentröster, Babysitter herauszuholen. Detailliert wird auf dieses Thema im Kapitel „Professionelle Bildeinstellungen“ eingegangen.
Abbildung 94: Testbild "First Check" der Firma BUROSCH
Testbild-Generator
Mithilfe eines Testbild- oder Farbbildgenerators können insbesondere bei Fernsehgeräten, Beamern, Monitoren und Verkabelungen im Privat- als auch im Profibereich nach VESA-Norm alle technischen Daten (z.B. Sync-Impuls, Timing, Pixel- und Zeilenfrequenzen) überprüft werden. In Form einer visuellen Kontrolle oder aber messtechnischen Überprüfung können mit speziellen Testmustern vorhandene Schwächen in der Bildwiedergabe enttarnt und behoben werden. Hierzu gehören unter anderem die Bildschärfe, Bildgeometrie, Farbreinheit und Farbkonvergenz. Ein modernes Schaltungsdesign, Multilayer-Layout und Micro-Controller sichern langfristig die Qualität des Testsignals.
2015 brachte hierzu die Firma BUROSCH den Full-HD-Testbildgenerator TPG-5 mit HDMI-Ausgang auf den Markt, der auch für alle gängigen UHD- beziehungsweise 4K-Displays oder -Beamer genutzt werden kann. Die sehr einfache Bedienung kann sowohl über die TV-Fernbedienung als auch über eine handelsübliche Maus erfolgen. Insgesamt 105 Full-HD-Testbilder werden gemäß ITU-Norm Rec.709 ausgegeben.
Im Gegensatz zum einfachen Testbild-Download stehen hier weitaus mehr Optimierungsfunktionen zur Verfügung:
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Bildformat/Overscan
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Helligkeit/Black Level
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Kontrast/White Level
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Farbreinheit/Farbintensität
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Bildschärfe
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Banding
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Bewegungsunschärfe
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Audio/Video-Synchronität
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IRE-Testbilder und -Farben für die Kalibrierung
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Realbilder zur Gegenkontrolle.
Abbildung 95: Full-HD-Testbildgenerator TPG-5 der Firma BUROSCH
Test-Labor: professionelle Kalibrierung
Filmliebhaber aber vor allem Filmemacher kommen um eine professionelle Kalibrierung nicht herum. Denn die perfekte Bildqualität in der Produktion ist doch letztlich die Basis für eine perfekte Bildwiedergabe. Dafür sind aber nicht nur die Geräte zur Aufnahme regelmäßig zu warten, sondern auch PC- oder TV-Displays. Wie ein Auto regelmäßig zur Inspektion sollte, muss auch ein Bildwiedergabegerät – insbesondere wenn es von Berufs wegen genutzt wird – von Zeit zu Zeit professionell justiert werden. Im Laufe der Zeit kann sich aufgrund der Betriebsdauer, Temperatur und Verschleiß einiger elektronischer Bauteile die Qualität der Bildwiedergabe grundlegend verändern. Gerade die Kondensatoren verschleißen relativ schnell, sodass sich die elektrischen Werte verändern, was nicht selten eine Verminderung der Lichtleistung und Farbtemperatur zur Folge hat. Mehr zu diesem Thema findet sich im Kapitel „Professionelle Bildeinstellung mit BUROSCH“ am Ende dieses Buches.
Abbildung 96: TV-Labor der Firma BUROSCH