Stuttgarter Funkturm/Fernsehturm 

Der Stuttgarter Fernsehturm steht nicht nur als markantes Wahrzeichen der Stadt, sondern verkörpert auch ein bedeutendes Kapitel in der Geschichte der deutschen Ingenieurskunst und Architektur. Von seiner Entstehung in den 1950er Jahren bis zu seiner heutigen Rolle als zentraler Knotenpunkt für Rundfunk- und Fernsehsignale hat der Turm eine faszinierende Entwicklung durchlaufen. Dieser Beitrag wirft einen umfassenden Blick auf die verschiedenen Aspekte des Stuttgarter Fernsehturms, beginnend mit seinem historischen Kontext und der Planungsphase bis hin zu seiner Architektur, dem Besuchererlebnis und der technologischen Infrastruktur. Durch die Betrachtung der finanziellen Aspekte, der Rezeption und Wahrnehmung sowie der Eigentumsstruktur und des Managements wird ein ganzheitliches Bild dieses ikonischen Bauwerks gezeichnet. Schritt für Schritt wird enthüllt, wie der Turm zu einem integralen Bestandteil der städtischen Landschaft wurde und gleichzeitig eine wichtige Rolle im Rundfunk- und Fernsehbereich spielte.

 

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Inhaltsverzeichnis 

1. Entstehung und Entwicklung
1.1 Historischer Kontext
1.2 Planungsphase und Ingenieurskunst
1.3 Bauprozess und technische Herausforderungen 
1.4 Finanzielle Aspekte und Vermarktungsstrategien
1.5 Nach der Fertigstellung: Betrieb und Wartung

2. Architektur und Konstruktion
2.1 Standort und Umgebung
2.2 Struktur und Materialien: Ein Blick unter die Oberfläche
2.3 Fundamentale Stabilität: Die Basis des Turms
2.4 Antennenspitze und Signalverstärkung: Die Technologie an der Spitze

3. Besuchererlebnis und Publikumsinteresse
3.1 Anziehungspunkte und Attraktionen für Besucher
3.2 Interaktive Einrichtungen und Bildungseinrichtungen

4. Eigentumsstruktur und Management

5. Rezeption und Wahrnehmung
5.1 Architektonische Ästhetik und kulturelle Bedeutung
5.2 Symbolische Bedeutung und Identifikation mit der Stadt

6. Technologie und Signalübertragung
6.1 Übertragung von analogen Radiosignalen (UKW)
6.2 Digitale Radioübertragung (DAB) und ihre Vorteile
6.3 Fernsehübertragung und Signalqualitätsoptimierung

 

1. Entstehung und Entwicklung

Die Entstehung und Entwicklung des Stuttgarter Fernsehturms ist eng mit der technologischen und städtebaulichen Entwicklung der Nachkriegszeit verbunden. In den 1950er Jahren begannen deutsche Städte, Fernsehtürme zu errichten, um die technologischen Fortschritte im Rundfunk- und Fernsehbereich zu demonstrieren und gleichzeitig die Rundfunkversorgung zu verbessern. Im historischen Kontext war Deutschland dabei, sich nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wiederaufzubauen und seine Infrastruktur zu modernisieren. Die wachsende Bedeutung des Rundfunks und später des Fernsehens als Massenmedien machte den Bau von Sendeanlagen wie dem Fernsehturm Stuttgart notwendig.

 

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Stuttgarter Fernsehturm in Degerloch - Bauarbeiten am Fundament und begonnenem Schaft am 12. Oktober 1954

 

Die Planungsphase und Ingenieurskunst für den Turm waren herausfordernd. Die Stadt Stuttgart und der Süddeutsche Rundfunk (SDR) mussten sich auf die Finanzierung und den Standort einigen. Nach intensiven Verhandlungen wurde beschlossen, den Turm auf dem Hohen Bopser, einem Hügel südlich des Stadtzentrums, zu errichten.

 

1.1 Historischer Kontext

Die Entstehung des Stuttgarter Fernsehturms muss vor dem Hintergrund des aufkommenden Fernsehzeitalters in Deutschland betrachtet werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949 begann das Fernsehen als Massenmedium Fuß zu fassen. Der reguläre Fernsehbetrieb in Deutschland startete offiziell am 25. Dezember 1952. Zu dieser Zeit war die technische Infrastruktur für Fernsehübertragungen jedoch stark begrenzt, insbesondere in topografisch herausfordernden Gebieten wie dem Stuttgarter Talkessel, der durch seine umliegenden Höhenzüge gekennzeichnet ist. Diese geografischen Gegebenheiten führten zu signifikanten Empfangsproblemen, die die Notwendigkeit eines hochgelegenen Sendeturms verdeutlichten, um eine breite Abdeckung und einen zuverlässigen Empfang im südwestdeutschen Raum sicherzustellen

 

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Stuttgarter Fernsehturm in Degerloch - Der Turmschaft im Rohbau

 

1.2 Planungsphase und Ingenieurskunst

Die Planungsphase des Stuttgarter Fernsehturms begann früh in den 1950er Jahren und war geprägt durch innovative Ingenieurskunst unter der Leitung von Fritz Leonhardt, einem renommierten deutschen Bauingenieur, der für seine Arbeit im Bereich des Brücken- und Hochbaus bekannt war. Leonhardt sah die technischen und ästhetischen Einschränkungen der damals üblichen Stahlgittermasten und schlug stattdessen vor, einen Turm aus Stahlbeton zu errichten. Dies war eine revolutionäre Idee, da bis dahin keine vergleichbaren Betontürme für Fernsehübertragungen existierten. Die technische Planung und Realisierung des Turms waren komplex. Der Turm musste nicht nur die nötige Höhe und Stabilität aufweisen, um die Übertragungsantennen zu tragen, sondern auch den ästhetischen Anforderungen eines Wahrzeichens gerecht werden. Leonhardt und sein Team entschieden sich für eine schlanke, nach oben hin sich verjüngende Form, die durch den Einsatz einer neuartigen Kletterschalung realisiert wurde. Diese Technik ermöglichte es, den Beton in Abschnitten zu gießen, während die Schalung kontinuierlich nach oben gezogen wurde, was eine schnelle und effiziente Bauweise erlaubte. Die sorgfältige Planung und innovative Anwendung von Bautechniken trugen wesentlich dazu bei, dass der Stuttgarter Fernsehturm zu einem technischen Meilenstein und einem symbolträchtigen Bauwerk wurde.

 

1.3 Bauprozess und technische Herausforderungen

Der Bauprozess des Stuttgarter Fernsehturms begann am 10. Januar 1954 und stellte ein wegweisendes Projekt in der Geschichte der Fernsehturmbauten dar. Die Herausforderung bestand nicht nur darin, den weltweit ersten Fernsehturm aus Beton zu errichten, sondern auch in der Realisierung der anspruchsvollen Konstruktion unter den gegebenen topografischen und technischen Bedingungen.  Die Gesamthöhe des Turms beträgt 216,61 Meter, und er steht auf einer Höhe von 483 Metern über dem Meeresspiegel. Für den Bau wurden insgesamt etwa 3.000 Tonnen Beton und 1.500 Tonnen Stahl verwendet. Die Basis des Turms bildet ein massives Fundament, das bis zu 8,4 Meter tief in den Untergrund reicht und einen Durchmesser von 30 Metern hat. Diese fundamentale Basis war erforderlich, um die enorme Last des Turms und die dynamischen Kräfte, die durch Wind und Wetter entstehen, sicher zu tragen. Die Konstruktion des Turmschafts erfolgte mittels einer fortschrittlichen Kletterschalungstechnik, die es ermöglichte, den Turm schneller und effizienter zu bauen, als es mit traditionellen Bautechniken möglich gewesen wäre. Der Schaft wurde in täglichen Arbeitszyklen von etwa 2,50 Metern Höhe betoniert, was eine schnelle und kontinuierliche Errichtung des Turmschafts ermöglichte.

 

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Stuttgarter Fernsehturm in Degerloch - Turmkorb im Rohbau (Frühjahr 1955)

 

Eine der größten Herausforderungen während des Baus war der Umgang mit den klimatischen Bedingungen und dem harten, kalkhaltigen Untergrund. Der Bauplatz auf dem Hohen Bopser bot zwar eine exzellente Lage für die Signalübertragung, erforderte jedoch intensive Erdarbeiten und spezielle Fundamenttechniken, um eine stabile Grundlage zu schaffen. Aufgrund der Höhe und der exponierten Lage des Turms waren die Bauarbeiten zudem oft widrigen Wetterbedingungen ausgesetzt, was zusätzliche Anforderungen an die Logistik und Sicherheitsmaßnahmen stellte. Die Ingenieure standen vor der Aufgabe, eine Konstruktion zu entwerfen, die sowohl die statischen Anforderungen eines solch hohen Bauwerks erfüllt als auch eine ästhetische Silhouette bietet. Fritz Leonhardt löste dieses Problem durch die innovative Verwendung von sich nach oben verjüngenden Betonschichten, die dem Turm seine charakteristische, schlanke Form geben. Die Konstruktion musste zudem so ausgelegt werden, dass sie Schwingungen, die durch den Wind verursacht werden, widerstehen konnte, ohne die strukturelle Integrität des Turms oder die Qualität der Signalübertragung zu beeinträchtigen.

 

1.4 Finanzielle Aspekte und Vermarktungsstrategien

Der Bau des Stuttgarter Fernsehturms war nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch ein bedeutendes finanzielles Unterfangen. Die Gesamtkosten für die Errichtung des Turms beliefen sich letztendlich auf rund 4,2 Millionen DM, was deutlich über den ursprünglich veranschlagten 1,8 Millionen DM lag. Diese Kostensteigerung war teilweise auf die innovative Konstruktion und die unerwarteten technischen Herausforderungen während des Baus zurückzuführen. Der Süddeutsche Rundfunk (SDR) als Hauptinvestor und Betreiber des Turms musste innovative Wege finden, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts zu sichern. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Einbeziehung kommerzieller Aktivitäten, die über die primäre Funktion des Turms als Sendeanlage hinausgingen. Von Beginn an war geplant, den Turm nicht nur als technische Einrichtung, sondern auch als touristische Attraktion zu nutzen. Die Einrichtung eines Restaurants und einer Aussichtsplattform in der oberen Sektion des Turms war ein entscheidender Aspekt dieser Strategie. Diese zusätzlichen Einrichtungen zogen Besucher an und generierten erhebliche Einnahmen, die halfen, die Betriebskosten zu decken und die Investitionen rentabel zu machen.

 

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Johann Traber auf seinem Smart am Fernsehturm

 

Die Marketingstrategie für den Stuttgarter Fernsehturm zielte darauf ab, ihn als Wahrzeichen der Stadt Stuttgart und als Symbol des technologischen Fortschritts zu positionieren. Durch gezielte Werbekampagnen und die Kooperation mit lokalen Tourismusorganisationen gelang es, den Turm national und international bekannt zu machen. Besonders effektiv war die Nutzung des Turms bei besonderen Veranstaltungen und Feiern, welche die Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit auf sich zogen. Darüber hinaus wurde die Aussichtsplattform des Turms strategisch als Veranstaltungsort für verschiedene kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse genutzt. Diese Veranstaltungen trugen dazu bei, den Turm als einen zentralen Punkt des sozialen und kulturellen Lebens in Stuttgart zu etablieren. Die einzigartige Kombination aus technischer Nutzung und öffentlicher Zugänglichkeit machte den Stuttgarter Fernsehturm zu einem Paradebeispiel dafür, wie moderne Architektur und Ingenieurskunst zur Stärkung des städtischen Tourismus und der lokalen Wirtschaft beitragen können.

 

1.5 Nach der Fertigstellung: Betrieb und Wartung

Nach seiner Fertigstellung im Jahr 1956 markierte der Stuttgarter Fernsehturm nicht nur ein architektonisches und technisches Wunderwerk, sondern stellte auch den Beginn einer neuen Ära in der Geschichte der Fernsehübertragung dar. Die Inbetriebnahme des Turms war jedoch nur der erste Schritt. Der fortlaufende Betrieb und die Wartung des Turms wurden zu einer kontinuierlichen Aufgabe, die sowohl technisches Know-how als auch strategische Planung erforderte. Der Betrieb des Stuttgarter Fernsehturms umfasste mehrere Aspekte, die von der Aufrechterhaltung der Sendeanlagen bis hin zur Verwaltung der kommerziellen Einrichtungen wie des Restaurants und der Aussichtsplattform reichten. Besonders wichtig war die Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der technischen Systeme, die für die Fernseh- und Radiosignalübertragung zuständig sind. Um dies zu erreichen, wurden regelmäßige technische Inspektionen und Wartungen durchgeführt. Diese Überprüfungen beinhalteten die Kontrolle der elektronischen Ausrüstung, die Wartung der Aufzüge und die Inspektion der strukturellen Integrität des Turms.

 

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Stuttgarter Fernsehturm - Skizze des Turmkorbes.

 

Ein wichtiger Aspekt des Betriebs war die ständige Aktualisierung und Modernisierung der technischen Ausstattung, um mit den rasanten Entwicklungen in der Rundfunktechnologie Schritt halten zu können. Im Laufe der Jahre wurde der Turm mit modernster Sendetechnik für digitale Übertragungen ausgestattet, darunter Technologien für DAB (Digital Audio Broadcasting) und DVB-T (Digital Video Broadcasting – Terrestrial). Diese Upgrades waren entscheidend, um die Leistungsfähigkeit des Turms als Sendeanlage zu erhalten und zu verbessern. Die Wartung des Turms beinhaltete auch Maßnahmen zur Pflege seiner baulichen Substanz. Die exponierte Lage des Turms und seine Bauweise aus Stahlbeton erforderten besondere Aufmerksamkeit, um Schäden durch Witterungseinflüsse wie Wind, Regen und Temperaturschwankungen vorzubeugen. Dazu gehörten regelmäßige Reinigungsarbeiten, das Auftragen von Wetterschutzanstrichen auf die Betonoberfläche und die Reparatur von Rissen oder Abplatzungen.

Neben den technischen und baulichen Herausforderungen spielte die Verwaltung der kommerziellen und touristischen Aktivitäten eine zentrale Rolle im Betrieb des Turms. Das Management des Restaurants und der Aussichtsplattform erforderte eine sorgfältige Planung, um den Besuchern eine hochwertige Erfahrung zu bieten. Dies umfasste alles von der Instandhaltung der Räumlichkeiten über die Organisation von Veranstaltungen bis hin zum Marketing und Kundenservice. Die Popularität des Turms als touristische Attraktion erforderte zudem effektive Strategien im Bereich des Besuchermanagements, um Warteschlangen zu minimieren und einen reibungslosen Betriebsablauf zu gewährleisten.

 

2. Architektur und Konstruktion

Der Stuttgarter Fernsehturm, entworfen von Fritz Leonhardt, einem der führenden Bauingenieure seiner Zeit, wurde 1956 als erster Fernsehturm der Welt aus Stahlbeton fertiggestellt. Dieser architektonische und ingenieurtechnische Meilenstein markierte eine wesentliche Entwicklung in der Bauweise von Fernmeldetürmen. Die Standortwahl auf der Spitze des Hohen Bopsers in Stuttgart, einer der höchsten natürlichen Erhebungen der Region, spielte eine entscheidende Rolle für die Funktionalität des Turms. Durch die Höhe des Standorts konnte eine optimale Sendeleistung über die topografisch herausfordernde Umgebung Stuttgarts sichergestellt werden, was insbesondere für die Übertragung von Fernseh- und Radiosignalen von großer Bedeutung war. Die Konstruktion des Turms aus Stahlbeton war zu dieser Zeit eine innovative Entscheidung, die nicht nur aufgrund ihrer Kosteneffizienz und Langlebigkeit, sondern auch wegen ihrer ästhetischen Qualitäten getroffen wurde. Leonhardt wählte bewusst einen sich nach oben verjüngenden Schaft, der dem Turm eine elegante und schlanke Erscheinung verleiht, die bis heute ikonisch ist. Diese Entscheidung war auch von praktischer Relevanz, da die schmalere Spitze weniger Windlast ausgesetzt ist, was die strukturelle Stabilität des Turms unter verschiedenen Wetterbedingungen erhöht.

 

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Aufgeschnittene Darstellung des unterirdischen Fundamentfußes

 

Das Fundament des Turms wurde speziell entworfen, um die enorme Last der Konstruktion zu tragen und die Sicherheit auch bei extremen Wetterereignissen wie Stürmen oder Erdbeben zu gewährleisten. Die Fundamentgestaltung musste präzise berechnet werden, um sicherzustellen, dass die vertikalen und horizontalen Kräfte, die auf den Turm wirken, effektiv abgeleitet werden können. Das massive Betonfundament ist tief in den Untergrund eingelassen und breitet sich unter der Erde aus, um eine breite Stützbasis zu schaffen, die eine kritische Verteilung der Lasten ermöglicht. Der Bau des Stuttgarter Fernsehturms war nicht nur ein technisches Unterfangen, sondern auch eine logistische Herausforderung. Der Transport von Materialien auf den hohen Bopser und die Bewältigung der anspruchsvollen Wetterbedingungen während der Bauzeit erforderten sorgfältige Planung und Koordination. Die innovative Nutzung der Kletterschalungstechnik ermöglichte es den Bauarbeitern, den Betonschaft effizient und in kontinuierlicher Fortsetzung nach oben zu erweitern, was zu einer signifikanten Zeitersparnis im Bauablauf führte.

Der Stuttgarter Fernsehturm dient bis heute als ein Wahrzeichen der Stadt und als ein Beispiel dafür, wie fortschrittliche Ingenieurtechnik und durchdachte architektonische Gestaltung zusammenkommen können, um nicht nur ein funktionales Bauwerk, sondern auch ein dauerhaftes Symbol technischer Innovation und ästhetischer Schönheit zu schaffen. Die erfolgreiche Integration von Funktionalität und Design im Stuttgarter Fernsehturm bleibt ein prägendes Erbe von Fritz Leonhardts Vision und technischer Meisterschaft.

 

2.1 Standort und Umgebung

Der Stuttgarter Fernsehturm, strategisch auf der Spitze des Hohen Bopsers im Stadtteil Degerloch positioniert, ist nicht nur ein herausragendes Beispiel für moderne Ingenieurskunst, sondern auch ein Symbol für die harmonische Integration von Technologie in eine städtische Umgebung. Die Auswahl dieses Standorts war von entscheidender Bedeutung, da die Höhe von etwa 483 Metern über dem Meeresspiegel eine optimale Sendeleistung über das geographisch herausfordernde Stuttgarter Becken gewährleistet. Diese Höhe sorgt dafür, dass der Turm effektiv als Relaisstation für Fernseh- und Rundfunksignale funktionieren kann, indem er eine breite und ungehinderte Signalübertragung über eine Region ermöglicht, die sonst durch ihre hügelige Landschaft signifikante Empfangsprobleme aufweisen würde. Die Lage des Turms bietet zudem einen einzigartigen panoramischen Blick über Stuttgart und seine umliegenden Gebiete, was ihn zu einem wichtigen touristischen Anziehungspunkt macht. Dieser Aspekt der Standortwahl zeigt eine ausgezeichnete Verbindung von funktionaler Notwendigkeit und ästhetischem Wert. Der Turm dient damit nicht nur als technische Anlage, sondern auch als öffentlicher Raum, der Besuchern die Möglichkeit bietet, die Natur zu genießen und gleichzeitig Einblicke in die technologische Leistungsfähigkeit der Region zu erhalten.

Die Integration des Turms in seine natürliche und städtische Umgebung wurde mit großer Sorgfalt vorgenommen. Die umliegenden Grünflächen wurden bewusst erhalten und weiterentwickelt, um den ökologischen Fußabdruck des Bauwerks zu minimieren und den Bürgern Erholungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zur Stadt zu bieten. Wanderwege und Aussichtspunkte rund um den Turm sind so gestaltet, dass sie den Besuchern eine enge Verbindung zur Natur ermöglichen, während sie die architektonische und technische Meisterleistung des Turms bewundern können. Darüber hinaus wurde bei der Planung des Turms besonderes Augenmerk auf die verkehrstechnische Anbindung gelegt. Trotz seiner relativ isolierten Lage auf dem Hohen Bopser ist der Turm über eine gut ausgebaute Infrastruktur erreichbar, die eine problemlose Anbindung an das städtische Verkehrsnetz sicherstellt. Dies erleichtert den Zugang für Touristen sowie für Wartungsteams, was wiederum die Funktionalität und die öffentliche Nutzung des Turms unterstützt.

 

2.2 Struktur und Materialien: Ein Blick unter die Oberfläche

Der Stuttgarter Fernsehturm ist ein Paradebeispiel dafür, wie sorgfältige Materialauswahl und strukturelle Gestaltung zusammenwirken, um ein technisch anspruchsvolles und gleichzeitig ästhetisch ansprechendes Bauwerk zu schaffen. Der Turm war seinerzeit eine Pionierleistung in der Verwendung von Stahlbeton für derart hohe und schlanke Strukturen, was die Ingenieurskunst auf ein neues Niveau hob. Die strukturelle Innovation des Stuttgarter Fernsehturms beginnt mit seinem sich nach oben verjüngenden Schaft, der eine hohe Stabilität gewährleistet und gleichzeitig die Windlast minimiert. Diese Form wurde durch den Einsatz von Kletterschalung erreicht, einer Technik, die es ermöglicht, kontinuierlich und ohne die Notwendigkeit umfangreicher Gerüste zu bauen. Dies war besonders wichtig für die Errichtung in der Höhe, wo Wind und Wetter den Bauprozess beeinträchtigen können.

 

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Stuttgarter Fernsehturm in Degerloch - Turmkorb im Rohbau (Frühjahr 1955)

 

Stahlbeton, das Hauptmaterial des Turms, wurde aufgrund seiner hervorragenden Druckfestigkeit und seiner Fähigkeit, Zugkräfte durch eingebetteten Stahl zu absorbieren, ausgewählt. Diese Kombination aus Beton und Stahl ermöglicht eine viel größere Höhe und Schlankheit der Struktur im Vergleich zu reinem Beton oder Stahl allein. Der Beton wurde dabei so formuliert, dass er eine schnelle Aushärtung ermöglicht und eine glatte Oberfläche bildet, was sowohl der Ästhetik als auch der Langlebigkeit des Turms zugutekommt. Der Turmschaft selbst ist in verschiedene Abschnitte gegliedert, die jeweils spezifische funktionale Anforderungen erfüllen. An der Basis ist der Schaft am breitesten, um die enormen Lasten sicher in das Fundament zu leiten und die Stabilität der gesamten Konstruktion zu gewährleisten. Während der Schaft nach oben führt, nimmt der Durchmesser ab, was eine elegante und schlanke Erscheinung erzeugt und dennoch genügend Raum für die technische Ausrüstung innerhalb des Turms bietet.

Für die Übertragungstechnik, die im oberen Teil des Turms untergebracht ist, war es entscheidend, Materialien zu verwenden, die elektromagnetische Interferenzen minimieren. Dies wurde durch spezielle Beschichtungen und die Wahl von nichtmetallischen Bauteilen innerhalb des Antennenbereichs erreicht. Die Antennenspitze selbst ist so konstruiert, dass sie maximale Signalstärke und -reichweite bietet, was durch die Höhe und die freie Lage des Turms noch unterstützt wird. Die Materialauswahl und die strukturellen Überlegungen, die in den Bau des Stuttgarter Fernsehturms eingeflossen sind, machen ihn nicht nur zu einem technischen Meisterwerk, sondern auch zu einem nachhaltigen Bauwerk, das auf Langlebigkeit ausgelegt ist. Die Verwendung von hochwertigem Stahlbeton und die durchdachte strukturelle Gestaltung haben dazu beigetragen, dass der Turm auch Jahrzehnte nach seiner Fertigstellung sowohl funktionell als auch ästhetisch in hervorragendem Zustand bleibt.

 

2.3 Fundamentale Stabilität: Die Basis des Turms

Die fundamentale Stabilität des Stuttgarter Fernsehturms stellt ein herausragendes Beispiel für ingenieurtechnische Expertise und vorausschauende Planung dar. Um die enorme Höhe von 216,61 Metern und die damit verbundenen statischen und dynamischen Belastungen sicher zu tragen, wurde ein besonders robustes Fundament konzipiert. Dieses musste nicht nur das Gewicht des Turms tragen, sondern auch Windlasten und geologischen Besonderheiten des Standorts gerecht werden. Das Fundament, tief in den stabilen Untergrund integriert, wurde aus hochwertigem Beton gefertigt, der speziell für seine Druckfestigkeit und Langlebigkeit ausgewählt wurde. Der Durchmesser des Fundaments misst imposante 27 Meter und erstreckt sich acht Meter in die Tiefe, was eine solide Basis für die Lastübertragung und die Dämpfung von Bewegungen bietet, die durch Wind oder seismische Aktivitäten verursacht werden können.

 

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Briefmarke von 1965 zur Deutschen Funkausstellung in Stuttgart

 

Die Planung und Ausführung dieses Fundaments waren besonders anspruchsvoll, da es nicht nur die Lasten des Turms gleichmäßig auf den Untergrund verteilen musste, sondern auch eine langfristige Beständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen sicherstellen sollte. Ingenieure verwendeten fortgeschrittene Berechnungsmodelle, um die Interaktion zwischen Bauwerk und Boden präzise zu simulieren, was essentiell war, um die Integrität des Turms über Jahrzehnte hinweg zu gewährleisten. Bei der Konstruktion des Fundaments kamen innovative Techniken zum Einsatz, die eine schnelle und effiziente Installation ermöglichten. Die Kombination aus tiefer Erdverankerung und der breiten Auflagefläche erlaubt eine effektive Lastverteilung, die selbst bei extremen Wetterbedingungen eine hohe Stabilität gewährleistet. Weiterhin trägt die spezifische Formgebung des Fundaments dazu bei, Schwingungen, die durch den Wind induziert werden, zu minimieren und so die Gesamtstruktur zu schützen.

 

2.4 Antennenspitze und Signalverstärkung: Die Technologie an der Spitze

Die Antennenspitze des Stuttgarter Fernsehturms verkörpert eine Kernkomponente des Turms, die speziell für die effiziente Übertragung von Fernseh- und Radiosignalen konzipiert wurde. Ihre technische Ausgestaltung spielt eine entscheidende Rolle bei der Optimierung der Sendeleistung und Qualität der ausgestrahlten Signale.  Die Spitze des Turms, wo die Hauptantennen installiert sind, wurde mit einer fortschrittlichen Technologie ausgestattet, die darauf ausgelegt ist, ein breites Frequenzspektrum abzudecken und dabei eine maximale Sendestärke zu erreichen. Die Antennenkonstruktion nutzt sowohl UHF (Ultra High Frequency) als auch VHF (Very High Frequency) Bänder, um eine breite Palette von Kanälen übertragen zu können. Diese Dualband-Fähigkeit ist essenziell, um sowohl digitale als auch analoge Signale effektiv zu senden und zu empfangen.

Die technische Ausführung der Antenne beinhaltet mehrere Elemente, die zusammenwirken, um die Signalreichweite und -qualität zu maximieren. Die Hauptantenne besteht aus mehreren gestapelten Dipolen, die so angeordnet sind, dass sie eine omnidirektionale Abstrahlcharakteristik aufweisen. Diese Anordnung sorgt dafür, dass das Signal in alle Richtungen gleichmäßig verteilt wird, was die Abdeckung in der geografisch anspruchsvollen Region um Stuttgart erheblich verbessert.  Um die Übertragungseffizienz weiter zu erhöhen, ist die Antennenspitze mit modernen Verstärkertechnologien ausgestattet.

 

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Stuttgarter Fernsehturm in Degerloch - Antennenmast

 

Diese Verstärker sind kritisch für die Aufrechterhaltung der Signalintegrität über lange Distanzen. Sie kompensieren potenzielle Signalverluste, die durch atmosphärische Störungen oder physikalische Hindernisse verursacht werden können. Jeder Verstärker ist so konfiguriert, dass er spezifische Frequenzbereiche optimiert, was eine hohe Qualität der Bild- und Tonübertragung sicherstellt. Zudem beinhaltet die Signalverarbeitungseinheit in der Antennenspitze Filter- und Mischtechnologien, die dazu dienen, die verschiedenen Signale, die von verschiedenen Sendern kommen, effektiv zu verwalten und zu kombinieren. Diese Technik ermöglicht es, mehrere Kanäle gleichzeitig zu senden und zu empfangen, was den Turm zu einem zentralen Knotenpunkt für die Medienübertragung in der gesamten Region macht.

 

3. Besuchererlebnis und Publikumsinteresse

Der Stuttgarter Fernsehturm bietet nicht nur eine technische Plattform für Rundfunkübertragungen, sondern ist auch ein wesentlicher kultureller und touristischer Anziehungspunkt in Stuttgart. Das Besuchererlebnis ist geprägt durch eine einzigartige Kombination aus technologischer Bildung, kulturellen Veranstaltungen und einer herausragenden Aussicht, die sowohl Einheimische als auch Touristen anzieht. 

Der Turm wurde von Anfang an mit dem Ziel entworfen, ein umfassendes Besuchererlebnis zu bieten. Die Aussichtsplattform auf einer Höhe von über 150 Metern bietet einen unvergleichlichen 360-Grad-Blick über die Stadt Stuttgart und die umliegenden Gebiete. An klaren Tagen reicht die Sicht bis zum Schwarzwald und zur Schwäbischen Alb, was den Besuchern spektakuläre Fotomöglichkeiten und bleibende Eindrücke bietet. Diese Aussicht kombiniert mit der beeindruckenden Architektur des Turms macht ihn zu einem beliebten Ziel für alle Altersgruppen. Zusätzlich zur Aussichtsplattform beherbergt der Turm ein Café und ein Restaurant, das hoch über der Stadt schwebt und eine einzigartige kulinarische Erfahrung mit Panoramablick bietet. Diese Gastronomieangebote sind so gestaltet, dass sie den Besuchern eine Pause bieten, während sie die Aussicht genießen können, und tragen wesentlich zur Attraktivität des Turms bei.

 

3.1 Anziehungspunkte und Attraktionen für Besucher

Der Stuttgarter Fernsehturm ist nicht nur ein architektonisches Meisterwerk und ein wichtiger Kommunikationsknotenpunkt, sondern auch eine bedeutende Touristenattraktion, die jährlich Tausende von Besuchern aus aller Welt anzieht. Die Faszination, die von diesem ikonischen Bauwerk ausgeht, liegt nicht nur in seiner imposanten Höhe und markanten Silhouette, sondern auch in den vielfältigen Attraktionen und Erlebnissen, die es für Besucher bereithält. Eine der Hauptattraktionen des Stuttgarter Fernsehturms ist zweifellos die Aussichtsplattform, die sich in einer Höhe von über 200 Metern befindet und einen atemberaubenden Panoramablick über die Stadt Stuttgart und ihre malerische Umgebung bietet. Von hier aus können Besucher die Skyline der Stadt bewundern, die majestätischen schwäbischen Hügel erkunden und an klaren Tagen sogar bis zu den Alpen im Süden blicken. Ein weiteres Highlight für Besucher ist das Drehrestaurant auf der oberen Plattform des Turms, das nicht nur mit einer exquisiten kulinarischen Auswahl, sondern auch mit einem einzigartigen gastronomischen Erlebnis aufwartet. Während die Gäste köstliche Speisen und Getränke genießen, dreht sich das Restaurant langsam um seine eigene Achse, wodurch sie einen spektakulären 360-Grad-Blick über die Landschaft genießen können.

 

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Bersucherzahlen ( 2013-2016 wegen Brandschutzmängeln geschlossen.)

 

3.2 Interaktive Einrichtungen und Bildungseinrichtungen

Im Inneren des Stuttgarter Fernsehturms befinden sich eine Vielzahl interaktiver Einrichtungen und Bildungseinrichtungen, die das Besuchererlebnis bereichern und das Verständnis für Technologie und Kommunikation fördern. Das Herzstück dieser Einrichtungen ist das Besucherzentrum, das den Gästen einen faszinierenden Einblick in die Geschichte und die technischen Aspekte des Turms bietet. Besucher haben die Möglichkeit, an geführten Touren teilzunehmen, die von sachkundigen Führern geleitet werden und Informationen über die Konstruktion, die Funktionsweise und die Bedeutung des Fernsehturms vermitteln. Darüber hinaus gibt es interaktive Ausstellungen, die es den Besuchern ermöglichen, das Prinzip der Signalübertragung zu verstehen und die Technologie hinter der Funktionsweise des Fernsehturms zu erleben. Ein weiteres Highlight ist das Observatorium, das sich in der Spitze des Turms befindet und einen atemberaubenden Panoramablick über die Stadt Stuttgart und ihre Umgebung bietet. Von hier aus können die Besucher nicht nur die architektonische Schönheit des Turms bewundern, sondern auch die technischen Einrichtungen wie die Antennen und Sender sehen, die für die Übertragung von Rundfunk- und Fernsehsignalen genutzt werden.

 

4. Eigentumsstruktur und Management

Während der Planungsphase des Stuttgarter Fernsehturms gestaltete sich die finanzielle Vereinbarung zwischen der Stadt und dem Süddeutschen Rundfunk (SDR) als Herausforderung. Trotz fehlender Einigung über die Finanzierung gründeten beide Parteien jedoch während der Bauphase am 22. August 1955 - einen Tag vor dem Richtfest - die Fernsehturm-Betriebs-GmbH (FTB). Diese Gesellschaft gehörte zu 70 % dem SDR und zu 30 % der städtischen Ausstellungsgesellschaft, die später zur Stuttgarter Messe- und Kongress GmbH wurde. Die Ausstellungsgesellschaft trug als Minderheitengesellschafterin kein wirtschaftliches Risiko bei möglichen Verlusten, was auf die Erfahrung der Gesellschaft im Fremdenverkehrswesen zurückzuführen war. Die FTB war für die wirtschaftliche Verwertung des Turms verantwortlich. Dazu gehörte die Vermietung und Verpachtung der Räume im Gastronomiebereich, der Verkauf von Werbeflächen, der Betrieb von Automaten und Fernrohren sowie die Bewirtschaftung der Aussichtsplattformen. Die Bereiche des Turms, die zur Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen dienten, wie die Antennenanlage und Technikräume, wurden separat von der Rundfunkanstalt betrieben.

 

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Briefmarke von 1965 zur Deutschen Funkausstellung in Stuttgart

 

Am 1. Januar 1984 übertrug der SDR seinen Beteiligungsanteil an die Rundfunkwerbung Stuttgart GmbH, die später zu einer Holding zusammengefasst wurde. Nach der Fusion des Süddeutschen Rundfunks mit dem Südwestfunk im September 1998 zur neuen Rundfunkanstalt Südwestrundfunk (SWR) ging die SWR Holding GmbH als Eigentümerin des Stuttgarter Fernsehturms hervor. Der Anteil der Stadt an der FTB wurde am 5. Dezember 2003 auf die Stuttgart Marketing GmbH übertragen. Heutzutage ist der Südwestrundfunk der Eigentümer des Fernsehturms, während die Betreibergesellschaft die SWR Media Services GmbH ist, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des SWR. Dieses Eigentumsverhältnis stellt eine Besonderheit in Deutschland dar, da der Stuttgarter Fernsehturm nicht von der Deutschen Funkturm, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom, sondern von einer Tochtergesellschaft einer Rundfunkanstalt betrieben wird.

  

5. Rezeption und Wahrnehmung

Die Rezeption und Wahrnehmung des Stuttgarter Fernsehturms sind vielfältig und reichen von lokaler bis internationaler Bedeutung. Als markantes Wahrzeichen der Stadt Stuttgart ist der Turm ein Symbol für technischen Fortschritt und architektonische Innovation. Seine charakteristische Silhouette prägt nicht nur die Skyline der Stadt, sondern dient auch als Orientierungspunkt für Einheimische und Besucher. Auf lokaler Ebene wird der Fernsehturm oft als Identitätsstifter wahrgenommen und ist ein beliebtes Motiv für Fotografien und Postkarten. Viele Stuttgarterinnen und Stuttgarter haben eine emotionale Bindung zum Turm, der für sie Heimat und Zugehörigkeit verkörpert.

Auch auf nationaler und internationaler Ebene erfreut sich der Stuttgarter Fernsehturm großer Bekanntheit. Als eines der ersten Bauwerke seiner Art in Deutschland zog er bereits bei seiner Eröffnung im Jahr 1956 zahlreiche Besucher an und wurde zum Symbol für den wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit. Die Architektur des Turms, entworfen von Fritz Leonhardt und Erwin Heinle, wird von Experten und Architekturliebhabern gleichermaßen geschätzt. Seine innovative Konstruktion und das damals revolutionäre Design beeindrucken bis heute. Der Turm gilt als Meisterwerk der Ingenieurskunst und als wegweisendes Beispiel für den Einsatz von Beton in der Architektur.

 

5.1 Architektonische Ästhetik und kulturelle Bedeutung

Der Bau des Stuttgarter Fernsehturms markierte einen Wendepunkt in der Architektur von Sendeanlagen. Vor seiner Errichtung dominierten zwei Bauwerkstypen: abgespannte Sendemasten, typischerweise in ländlichen Gebieten zu finden, und selbsttragende Fachwerktürme wie der Eiffelturm oder der Berliner Funkturm. Der Stuttgarter Fernsehturm löste eine weltweite Bauwelle von Türmen aus, die ebenfalls auf Stahlbeton als Baustoff setzten und eine Aussichtsplattform im Turmkopf integrierten. Diese Türme verfügten oft über separate Restaurant- und Aussichtsebenen und versuchten durch individuelle Gestaltung des Turmkorbs einen eigenen Charakter zu verleihen. Einige Türme orientierten sich stark am architektonischen Stil des Stuttgarter Vorbilds. Zum Beispiel kopierte der Sentech Tower in Johannesburg fast exakt die Form des Turmkorbs und die Stahlgitterantenne des Stuttgarter Turms. Ähnlichkeiten sind auch beim Fernsehturm Guishan in Wuhan, China, erkennbar, für dessen Planung Fritz Leonhardt 1985 beratend hinzugezogen wurde.

Die Space Needle in Seattle, erbaut für die Weltausstellung 1962, ließ sich ebenfalls vom Stuttgarter Fernsehturm inspirieren, insbesondere das Konzept eines Turmrestaurants. Obwohl ihre Architektur nicht mit der des Stuttgarter Turms vergleichbar ist, spielte die Idee eines Turmrestaurants eine entscheidende Rolle beim Bau der Space Needle, die zum Wahrzeichen der Weltausstellung und der Stadt wurde. Der Stuttgarter Fernsehturm setzte Maßstäbe für die Ästhetik von Fernseh- und Aussichtstürmen. Seine elegante und harmonische Linienführung sowie seine organische Integration in die Landschaft machen ihn zu einem architektonischen Vorbild. Viele Fachleute betrachten ihn als den schönsten Fernsehturm der Welt.

 

5.2 Symbolische Bedeutung und Identifikation mit der Stadt

Der Stuttgarter Fernsehturm hat sich wie viele andere Türme zu einem weltweit bekannten Symbol für die Stadt und ihre Region entwickelt. Eine besondere Identifikation mit dem Bauwerk zeigte sich bereits früh durch den Süddeutschen Rundfunk (SDR), der ihn bereits 1954 als Bildmarke aufnahm. Das von Anton Stankowski geschaffene Signet zeigt den Turm als abstrahierte Grafik, die ihn schnell erkennbar machen soll. Mit der Fusion des SDR zum SWR im Jahr 1998 wurde dieses Symbol als Teil des Senderlogos aufgegeben, jedoch wird der Fernsehturm weiterhin in den Ausgaben der Landesschau als Bild und Symbol verwendet. Im Jahr 2011 erhielt der Fernsehturm eine leicht abgewandelte Variante seines historischen Logos als Bildmarke. Diese neue Version des Signets, angelehnt an das historische SDR-Logo, zeigt den Turm zusammen mit der Wortmarke "Fern-Seh-Turm" in drei Zeilen abgesetzt. Ein weiterer Höhepunkt der symbolischen Bedeutung des Fernsehturms war die Deutsche Funkausstellung in Stuttgart im Jahr 1965, die auf einer Briefmarke der Deutschen Bundespost verewigt wurde. Die Briefmarke, gestaltet vom Grafiker Heinz Schillinger und am 28. Juli mit einer Auflage von 30 Millionen Stück herausgegeben, zeigt den Stuttgarter Fernsehturm, der Wellen in Blautönen aussendet.

 

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Fernsehturm und Antenne bei Nacht, im Hintergrund die Stuttgarter Innenstadt

 

6. Technologie und Signalübertragung

Der Stuttgarter Fernsehturm ist nicht nur ein architektonisches Wahrzeichen, sondern auch ein bedeutendes technologisches Bauwerk für die Signalübertragung. Seit seiner Fertigstellung im Jahr 1956 hat er eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Rundfunk- und Fernsehsignalen in der Region Stuttgart gespielt. Die Technologie des Turms basiert auf einem ausgeklügelten System von Antennen und Sendeanlagen, die in verschiedenen Höhen des Turms installiert sind. Diese Anlagen ermöglichen die Ausstrahlung von Radioprogrammen sowie die Übertragung von Fernsehsignalen in einem weiten Umkreis. Die Antennenanlage auf der Spitze des Turms ist besonders wichtig, da sie Signale in alle Richtungen abstrahlt und so eine maximale Reichweite gewährleistet. Um eine zuverlässige Signalübertragung zu gewährleisten, werden hochmoderne Technologien und Ausrüstungen eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise leistungsstarke Verstärker, Richtfunkanlagen und Signalprozessoren. Diese Komponenten arbeiten zusammen, um Signale zu empfangen, zu verstärken und wieder auszustrahlen, wodurch eine klare und stabile Übertragung gewährleistet wird.

 

6.1 Übertragung von analogen Radiosignalen (UKW)

Die Übertragung von analogen Radiosignalen (UKW) am Stuttgarter Fernsehturm erfolgt über eine Vielzahl von Sendern und Frequenzen, die eine breite Palette von Programmen abdecken. Einige der wichtigsten Sender und ihre zugehörigen Frequenzen sind:

- Deutschlandfunk Kultur auf 87,90 MHz
- SWR4 Baden-Württemberg auf 90,10 MHz
- Dasding (SWR) auf 90,80 MHz
- SWR3 auf 92,20 MHz
- SWR1 Baden-Württemberg auf 94,70 MHz
- SWR Kultur auf 105,70 MHz

 

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Jeder Sender hat eine bestimmte Sendeleistung (ERP) und eine spezifische Antenne, die für eine optimale Signalübertragung sorgt. Die meisten Sender strahlen ihre Programme rundstrahlend in horizontaler Polarisation aus.

Ein interessanter Aspekt der Geschichte der UKW-Übertragung am Stuttgarter Fernsehturm ist ein Rechtsstreit zwischen dem Süddeutschen Rundfunk und der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg. Dieser Streit entstand im Zusammenhang mit der Einführung des Programms S4 Baden-Württemberg im Jahr 1991 und führte dazu, dass das Programm S2 Kultur auf eine leistungsschwächere Frequenz verschoben wurde. Dies führte zu einer Versorgungslücke im Raum Stuttgart, die dazu führte, dass etwa 150.000 Menschen das Programm S2 Kultur nicht mehr empfangen konnten. Der SDR versuchte daraufhin, zusätzliche Frequenzen einzuklagen, um diese Versorgungslücke zu schließen, und gewann schließlich den Rechtsstreit vor Gericht. Neben den öffentlich-rechtlichen Sendern werden auch private Programme wie Antenne 1, bigFM und Die Neue 107.7 sowie AFN vom Stuttgarter Fernmeldeturm aus abgestrahlt.

 

6.2 Digitale Radioübertragung (DAB) und ihre Vorteile

Die digitale Radioübertragung (DAB) am Stuttgarter Fernsehturm bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber der analogen Übertragung:

1. Mehr Programme: Durch die digitale Technologie können mehr Programme übertragen werden, was den Hörern eine größere Auswahl und Vielfalt bietet.
Bessere Klangqualität: Digitale Übertragung ermöglicht eine bessere Klangqualität im Vergleich zu analogem Radio. Das bedeutet klareren Sound und weniger Störungen.
2. Zusätzliche Datendienste: Neben den Radioprogrammen können auch Datendienste wie elektronische Programmführer (EPG) und Verkehrsinformationen (TPEG) über DAB empfangen werden, was die Nutzung des Radiosenders noch vielseitiger macht.
3. Gleichwellennetz (SFN): DAB wird im Gleichwellenbetrieb mit anderen Sendern ausgestrahlt, was bedeutet, dass mehrere Sender denselben Frequenzkanal nutzen können. Dadurch wird die Reichweite verbessert und eine flächendeckende Versorgung gewährleistet.
4. Die digitalen Radioübertragungen am Stuttgarter Fernsehturm erfolgen in vertikaler Polarisation und werden in Blöcken organisiert, die verschiedene Programme und Dienste enthalten. Diese Blöcke werden sowohl für öffentlich-rechtliche als auch private Programme genutzt und bieten eine breite Palette von Sendern für die Hörer in der Region Stuttgart und darüber hinaus.

 

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6.3 Fernsehübertragung und Signalqualitätsoptimierung

Die Fernsehübertragung vom Stuttgarter Fernsehturm hat sich im Laufe der Zeit verändert. Bis zum 25. Juli 2006 wurde das Fernsehprogramm Das Erste von diesem Turm ausgestrahlt. Danach wurden jedoch nur noch UKW- und DAB-Hörfunkprogramme gesendet. Der Grund für diese Änderung lag in den Anforderungen des DVB-T-Standards, der einen aufwändigen Austausch der Fernsehantenne erfordert hätte.

Die Entscheidung des SWR, auf die Ausstrahlung seiner Bouquets vom Fernsehturm zu verzichten, führte dazu, dass die Fernsehübertragung zum Standort Stuttgart-Frauenkopf der Deutschen Telekom verlagert wurde.

Vor dieser Veränderung wurden die Daten des Programms Das Erste (SWR) wie folgt übertragen:

- Kanal: 11 (VHF - 1. Fernsehprogramm)
- Frequenz: 217,25 MHz
- Programm: Das Erste (SWR)
- ERP (Effektive Strahlungsleistung): 100 kW
- Antennendiagramm: rund (ND)
- Polarisation: horizontal (H)

Diese Daten zeigen, wie das Fernsehprogramm Das Erste früher vom Stuttgarter Fernsehturm ausgestrahlt wurde, bevor sich die Übertragungstechnologie änderte.

 

Quellen 01.05.2024:

1. ebay

2. https://de.wikipedia.org/wiki/Stuttgarter_Fernsehturm#Eigentumsverh%C3%A4ltnisse

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