Paul Nipkow

Paul Nipkow, ein visionärer deutscher Ingenieur, der im 19. Jahrhundert lebte, prägte maßgeblich die Entwicklung der Fernsehtechnologie. Seine bahnbrechende Erfindung, die Nipkow-Scheibe, legte den Grundstein für die Bildübertragung und ebnete den Weg für die moderne Fernsehübertragung. Diese innovative Persönlichkeit hinterließ einen bleibenden Einfluss auf die Geschichte der Technik und Kommunikation. In diesem Beitrag werfen wir einen genaueren Blick auf das Leben und die bahnbrechenden Errungenschaften von Paul Nipkow.

 

Portrait von Paul Nipkow [1]

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Anfänge

2. Nipkow-Scheibe

3. Fernsehsysteme

 

1. Anfänge

Paul Nipkow, geboren 1860 als Sohn eines Bäckermeisters in Lauenburg (Pommern), manifestierte schon früh sein Interesse an Naturwissenschaften und Technik. Seine Leidenschaft für Experimente zeigte sich bereits in jungen Jahren, als er im örtlichen Postamt, das eine Fernsprechstelle beherbergte, den Bell-Telefonhörer über Nacht auslieh. Durch den geschickten Einsatz eines selbstgebauten Mikrofons begann er, einfache Versuche durchzuführen. Diese Erfahrungen sollten den Grundstein für seine zukünftigen Innovationen legen.

Nach seinem Schulabschluss begab sich Paul Nipkow nach Berlin, um Mathematik, Physik und Elektrotechnik zu studieren. In einer einsamen Heiligabendnacht im Jahr 1883, ohne finanzielle Mittel für eine Reise nach Hause, erlebte er laut Anekdoten sein "Heureka"-Moment. Allein in seiner Studentenbude sah er durch das Fenster die brennenden Kerzen an den Weihnachtsbäumen der Nachbarschaft. In diesem einsamen Moment kam ihm die Idee eines "Telephons für Bilder", und er entwickelte ein völlig neues Prinzip der Bildzerlegung und des Bildaufbaus.

Bevor wir jedoch in die Details von Nipkows Erfindung eintauchen, lohnt es sich, einen Blick auf die technischen Erkenntnisse seiner Zeit zu werfen. Der englische Elektroingenieur Willoughby Smith hatte bereits 1873 den Photowiderstand entdeckt, ein Bauelement, das Lichtwerte in elektrische Stromwerte umwandeln konnte. Diese Entdeckung inspirierte den französischen Notar und Erfinder Constantin Senlecq, der 1881 das erste Buch über Fernsehen mit dem Titel "Le Télectroscope" veröffentlichte. Mehrere Forscher, darunter Senlecq, schlugen vor, Bilder in Bildpunkte zu zerlegen und deren Helligkeitswerte in elektrische Ströme umzuwandeln, um sie über eine Telegraphenleitung zu übertragen und dann wieder zusammenzusetzen.

Paul Nipkow handelte rasch und reichte sein Fernsehsystem, das er "Elektrisches Teleskop" nannte, bereits kurz nach den Weihnachtsfeiertagen am 6. Januar 1884 beim Kaiserlichen Patentamt zur Patentierung ein. Die Zulassung erfolgte am 15. Januar 1885. Die genaue Ausgestaltung seiner Erfindung wird in Abbildung 3 anhand von drei Zeichnungen veranschaulicht. Nipkows Beitrag zur Fernsehtechnologie sollte sich als wegweisend erweisen, und seine Erfindung legte den Grundstein für die Entwicklung moderner Bildübertragungssysteme.

 

Burosch Nipkow Patent

Patent für das Elektrische Teleskop [2]

 

2. Nipkow-Scheibe

Paul Nipkow, noch als Student in Berlin, hinterließ einen bleibenden Beitrag zur Geschichte der Fernsehtechnologie durch die Erfindung der Nipkow-Scheibe. Es war der Heilige Abend des Jahres 1883, als der junge Nipkow in seinem möblierten Zimmer in der Phillipstraße 13a in Berlin-Mitte saß und vor seiner Petroleumlampe über eine bahnbrechende Idee nachdachte. In diesem einsamen Moment kristallisierte sich die Vorstellung heraus, ein Bild mosaikartig in Punkte und Zeilen zu zerlegen. Diese Vision führte zur Entwicklung der Nipkow-Scheibe, einer spiralförmig gelochten Scheibe, die zur Bildzerlegung diente.

Die entscheidende Neuerung der Nipkow-Scheibe lag in ihrer spiralförmigen Struktur. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen ermöglichte diese Konfiguration eine kontinuierliche und systematische Abtastung von Bildern. Während andere Forscher bereits die Idee hatten, Bilder in Punkte zu zerlegen, verlieh Nipkow durch die Spirale seiner Erfindung einen entscheidenden Vorteil. Diese Struktur ermöglichte es, das Bild schrittweise zu erfassen und zu übertragen, was eine effizientere und präzisere Methode der Bildzerlegung darstellte. Nach der Entwicklung seiner innovativen Scheibe beantragte Paul Nipkow beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin ein Reichspatent für sein "Elektrisches Teleskop". Diese Bezeichnung verdeutlichte das Ziel der Scheibe: die "elektrische Wiedergabe leuchtender Objekte". Das Patent wurde ihm am 15. Januar 1885 rückwirkend zum 6. Januar 1884 erteilt. Trotz dieser bahnbrechenden Entdeckung ist es bemerkenswert, dass Nipkow möglicherweise nie versuchte, seine Scheibe praktisch umzusetzen. Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, dass er persönlich einen entsprechenden Apparat gebaut hat. Dies könnte darauf hinweisen, dass er mehr Interesse an der theoretischen Entwicklung und den grundlegenden Prinzipien hatte als an der praktischen Umsetzung.

 

Burosch Nipkow Prinzipzeichnung des Patents (1)

Nipkow Scheibe Darstellung [3]

 

Paul Nipkow schlägt vor, entlang einer Spirallinie auf einer Scheibe gleichmäßig verteilte Bohrungen anzubringen, wobei in seinem Beispiel 24 Bohrungen verwendet werden. Ein Uhrwerk versetzt die Scheibe in gleichmäßige Umdrehungen. Die Scheibe dreht sich vor dem zu übertragenden Objekt, beispielsweise einer Zeichnung des Buchstabens A. Hinter der Scheibe befindet sich eine rechteckige Blende. Obwohl Nipkow eine rohrförmige Konstruktion bevorzugte, die einen kreisförmigen Bildausschnitt ergeben hätte, wählte er hier aus Einfachheitsgründen eine rechteckige Form.Wenn wir die Scheibe von vorne betrachten, gibt sie jeweils nur den Bereich der Vorlage frei, der durch eine Bohrung zu sehen ist. Die Abstände der Bohrungen sind so gewählt, dass, wenn eine Bohrung den linken Rand der Blende erreicht, die nächste Öffnung am rechten Rand erscheint. Der durch einen roten Kreisbogen in Abbildung 4 markierte Weg repräsentiert den Pfad der roten Öffnung und entspricht quasi einer Abtastzeile im Nipkowschen Fernsehsystem. Wenn Bohrung 24 den linken Rand der Blende erreicht, hat die Scheibe eine vollständige Umdrehung durchgeführt und somit ein gesamtes Bild mit 24 Zeilen abgetastet. Die Bildabtastung beginnt mit der nächsten Umdrehung von vorne für das nächste Bild. Für die Übertragung muss nun der Helligkeitswert jedes Bildpunktes, den die jeweiligen Scheibenöffnungen freigeben, in einen elektrischen Wert umgewandelt werden. Zu diesem Zweck sieht Paul Nipkow an der Stelle, an der wir in der Prinzipskizze auf die Scheibe geblickt haben, einen Selenwiderstand vor. Dieser Widerstand wandelt die Punkthelligkeit in einen entsprechenden Widerstandswert um, was einen entscheidenden Schritt in der Umsetzung des Nipkowschen Fernsehsystems darstellt.

 

Abb5

Prinzipzeichnung des Patents: Aufbau der Sende- und Empfangsstation [3]

 

In der Darstellung wird der Aufbau von Nipkows Empfangsstation verdeutlicht. Hier kommt eine Nipkow-Scheibe zum Einsatz, die identisch mit der auf der Senderseite ist und ebenfalls von einem Uhrwerk angetrieben wird. Dies führt dazu, dass sie synchron zur Sendestation in gleichmäßige Umdrehungen versetzt wird. Auf der Empfängerseite ist nun die Umwandlung der auf der Senderseite durch die Abtastung erhaltenen Widerstandswerte in Helligkeitswerte der einzelnen Bildpunkte erforderlich. Zur Zeit der Patentanmeldung waren die vorherrschenden elektrischen Lichtquellen die Kohlebogenlampe und die von Edison im Jahr 1879 patentierte Kohlefadenglühlampe. Allerdings waren beide für die direkte Umwandlung der schnellen Helligkeitswechsel, die Nipkows elektromechanisches Verfahren erforderte, ungeeignet. Daher griff er auf den von Michael Faraday im Jahr 1846 entdeckten Effekt der Polarisationsdrehung des Lichts zurück.

Die von Paul Nipkow vorgeschlagene Anordnung, später als „Lichtrelais“ bekannt, besteht aus einem Glasstab, um den Draht gewickelt ist. Vor und hinter dem Stab befinden sich Nicol’sche Prismen, die aus zwei Prismen bestehen, die mit speziellem Klebemittel zusammengefügt sind. Diese Prismen polarisieren den einfallenden Lichtstrahl einer Lichtquelle, sodass am Ausgang nur noch eine Schwingungsebene vorhanden ist. Nipkow gibt an, dass die Prismen so gegeneinander verdreht werden müssen, dass das Licht der Lichtquelle nicht mehr am Ausgang des „Lichtrelais“ erscheint. Durch das Anlegen von Strom an die Spule dreht sich nach dem Faraday-Effekt die Polarisationsebene des Lichtstrahls beim Durchlaufen des Glasstabs, und diese steht nicht mehr senkrecht zur Polarisationsebene des Nicol’schen Prismas am Ausgang. Daher kann Licht passieren, und die Stärke des Stroms ermöglicht die Steuerung des Winkels der Polarisationsdrehung und somit der Helligkeit. Die Spule des „Lichtrelais“ ist mit den beiden Drähten der Fernleitung verbunden.

Die Zusammenarbeit der Sende- und Empfangsstation lässt sich nun näher betrachten. Die jeweilige Punkthelligkeit wird durch den Selenwiderstand in einen analogen Widerstandswert umgewandelt. Die Batterie treibt einen Strom durch die Spule des „Lichtrelais“, der dem Widerstandswert entspricht, und die Helligkeit stellt sich entsprechend am Ausgang des „Lichtrelais“ ein. Das Auge und das Gehirn des Beobachters vor der sich drehenden Nipkow-Scheibe des Empfängers setzen aus den einzelnen übertragenen Bildpunkthelligkeiten wieder den Buchstaben A der Vorlage zusammen.

Nipkow beschreibt in seiner Patentschrift weitere Ausführungsformen seines „Lichtrelais“, die jedoch nicht für die Bildübertragung geeignet sind. Zudem gibt er den Hinweis, dass das Auge einen momentanen Lichteindruck 0,1 bis 0,5 Sekunden lang empfindet. Ein einheitliches Bild würde sich mit seinem „Elektrischen Teleskop“ ergeben, wenn beide Scheiben in 0,1 Sekunden eine Umdrehung vollenden würden. Demnach liefert sein System 10 Bilder pro Sekunde. Es bleibt jedoch unklar, ob Paul Nipkow versucht hat, sein „Elektrisches Teleskop“ praktisch zu erproben. Es wird angenommen, dass er dies nicht getan hat. Die Funktionsfähigkeit eines Aufbaus nach seinen Prinzipzeichnungen im Jahr 1884 wäre zweifelhaft. Dies liegt daran, dass der verwendete Selenwiderstand zu träge gewesen wäre, um die erforderlichen schnellen Änderungen der Bildpunkthelligkeiten umzusetzen. Das auf dem Faraday-Effekt basierende „Lichtrelais“ hätte hohe Ströme für die Drehung der Polarisation benötigt, die allein mit einem Selenwiderstand nicht hätten erzeugt werden können. Zudem hätte die Selbstinduktion der Spule des „Lichtrelais“ die notwendigen schnellen Änderungen des Stroms für die Bildübertragung nicht zugelassen. Die Synchronisation der beiden Scheibenantriebe war ebenfalls nicht gelöst.

Es ist auch zu bemerken, dass Nipkows Patent in den darauf folgenden Jahren wenig Beachtung fand. Nach fünfzehn Jahren verfiel es, ohne dass eine breite Anwendung gefunden wurde. Dennoch sollte die Nipkow-Scheibe später als Inspiration für weitere Entwicklungen in der Fernsehtechnologie dienen. Die Nipkow-Scheibe war ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur Entwicklung moderner Fernsehsysteme. Ihr Einfluss auf die Technologiegeschichte ist unbestritten, da sie die Art und Weise, wie Bilder übertragen und betrachtet werden, nachhaltig veränderte. Paul Nipkow hat mit seiner visionären Erfindung einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der Fernsehtechnologie geleistet, der auch heute noch in modernen Bildübertragungssystemen sichtbar ist.

 

3. Fernsehsysteme

Im Jahr 1886 sah sich Paul Nipkow aufgrund finanzieller Schwierigkeiten gezwungen, sein Patent erlöschen zu lassen. Einige Quellen behaupten jedoch, dass dies erst nach 15 Jahren geschah. Diese finanziellen Engpässe führten bereits 1885 dazu, dass er sein Studium abbrach und sich als "Einjährig Freiwilliger" bei einem Eisenbahnregiment verpflichtete. In der Folge arbeitete er als Konstrukteur bei der Zimmermann & Buchloh-Eisenbahnsignalbauanstalt, wo er zahlreiche Erfindungen im Eisenbahnbereich vorantrieb. Die Verwirklichung von elektromechanischem Fernsehen nach Nipkows Vorstellungen erforderte weitere Durchbrüche, insbesondere die Erfindung der Fotozelle durch Hallwachs, Elster und Geitel (ab 1887), der Verstärkerröhre durch Robert von Lieben und Lee de Forest (1906) sowie der Flächenglimmlampe durch Mac F. Moore (ab 1900). Erst 1924, also 40 Jahre nach der Einreichung von Nipkows Patent, gelang dem schottischen Erfinder John Logie Baird die erste Übertragung von Bildern mit Nipkow-Scheiben. Im selben Jahr demonstrierte Prof. August Karolus das erste deutsche Fernsehsystem mit 48 Zeilen.

Nach dem Ersten Weltkrieg intensivierten Hochfrequenztechniker ihre Anstrengungen, Bilder elektrisch zu übertragen. Die ersten Fernsehübertragungen in dieser Ära verwendeten allesamt eine optisch-mechanische Bildabtastung, wobei die meisten auf die bewährte Nipkow-Scheibe setzten. Dieser Trend inspirierte auch Paul Nipkow, sich erneut auf diesem Gebiet zu engagieren. Infolgedessen entstand ein weiteres Patent, diesmal für eine Vorrichtung zur Erzielung des Synchronismus bei Apparaten zur elektrischen Bilderzeugung. Die Besonderheit bestand darin, dass alle kooperierenden Sender und Empfänger an dasselbe Wechselstromkraftverteilungsnetz angeschlossen waren. In den Jahren 1932 und 1933 setzte sich jedoch die elektronische Bildabtastung, entwickelt von Manfred von Ardenne, mit ihrer überlegenen Qualität durch. Dies führte dazu, dass Nipkows Erfindung an Bedeutung verlor, außer in England, wo sie noch für eine gewisse Zeit im Fernsehen relevant blieb. Die entscheidenden Fortschritte in der Fernsehentwicklung ab den 1930er Jahren waren größtenteils Manfred von Ardennes Verdienst.

Als Ehre für Paul Nipkow wurde 1935 der erste deutsche Fernsehsender in Berlin Witzleben (Funkturm auf dem Messegelände) in „Sender Paul Nipkow“ umbenannt. Am 22. März 1935 startete über diesen Sender das erste reguläre Fernsehprogramm. Obwohl das elektronische Fernsehen inzwischen Fortschritte machte, begann der Betrieb aufgrund des Zeitdrucks mit elektromechanischer Abtastung auf der Aufnahmeseite, jedoch schon mit vollelektronischer Wiedergabe. Die Zeilenzahl betrug nun 180 Zeilen. Da es nur sehr wenige Empfänger gab, wurden öffentliche Fernsehstuben eingerichtet, in denen sich begeisterte Zuschauer drängten, um zum ersten Mal Fernsehen zu erleben. Berichten zufolge sah auch Paul Nipkow zu dieser Zeit erstmals nach seinem System übertragene Fernsehbilder und war enttäuscht. Die Bilder seiner Phantasie an jenem Heiligabend 1883 waren der Zeit wohl weit voraus, da sein Patent nur etwa 576 Bildpunkte für 24 Bildzeilen und ein kreisförmiges Bildformat vorsah.

 

grundig monolith mit burosch fubk testbild

LCD Fernseher [3]

 

Trotz der anfänglichen Enttäuschung setzte die Entwicklung fort. Man kann nur spekulieren, wie Paul Nipkow reagieren würde, wenn er heute UHD-Fernsehbilder mit über 8 Millionen Bildpunkten sehen könnte. Jeder dieser Bildpunkte auf dem LC-Display eines Fernsehgerätes besteht aus einem Subpixel für Rot, Grün und Blau. Er könnte erfreut feststellen, dass für jedes dieser Subpixel ein „Lichtrelais“ eingebaut ist, mit zwei Polarisationsfiltern und dazwischen Flüssigkristallen, die die Polarisationsebene in Abhängigkeit der angelegten Spannung verändern und somit die Pixelhelligkeit steuern.

 

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Nipkow

[2] https://www.burosch.de/tv-history/802-das-erste-deutsche-fernsehpatent-von-paul-nipkow.html

[3] https://www.m2counselling.de/ & https://www.burosch.de/tv-history/802-das-erste-deutsche-fernsehpatent-von-paul-nipkow.html

 

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